Eutonie und Faszien

Im Gespräch: Eutonie und Faszien

Faszien – das ist das kollagenhaltige Bindegewebe, das als dreidimensionales Spannungsnetz unseren gesamten Körper durchzieht. Es hat eine große Bedeutung für unseren Bewegungsapparat, aber auch für unser Immunsystem. Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass das Fasziensystem z. B. bei Rückenbeschwerden eine entscheidende Rolle spielt. Denn wenn Faszien verdickt oder verklebt sind, verursachen sie Schmerzen.

Entlastend und Schmerz reduzierend

Nicht erst seit dem dieses Thema populär ist, beschäftigt sich die Eutonie mit dem Thema Faszien. Die Körperwahrnehmung  der Eutonie Gerda Alexander richtet sich auch auf das, was unter der Haut liegt: Das Bindegewebe (Faszien), Muskeln, Knochen. Vor allem durch den Einsatz von verschiedenen Materialien (Bälle, Bambusstäbe, Kastanienschläuche, Kirschkernsäckchen) wird Druck auf die Faszien ausgelöst, der zur Lösung der Verklebungen beitragen kann. Durch das Richten der Aufmerksamkeit auf die jeweiligen Körperbereiche verändert sich die Tonuslage der Muskeln (und der sie umgebenen Faszien), die An-Spannung verringert sich. TeilnehmerInnen beschreiben die Erfahrung mit dieser Übungsweise als lösend, entlastend und schmerzreduzierend.

Faszienarbeit in der Eutonie

Faszien befinden sich in ständigen Aufbau- und Umstrukturierungsprozessen. Ihre Eigenschaften: Sie sind anpassungsfähig, dynamisch, elastisch rückfedernd, gleit- und dehnfähig, widerstandsfähig, reißfest, straff, stark und belastbar.

In der Eutonie werden diese Qualitäten erlebbar und der Tonus der Faszien reguliert.

Durch fokussierte Übungen wird der Zustand des Bindegewebes gezielt beeinflusst. Dabei finden wir heraus, ob wir mit passivem Druck auch tiefere Gewebeschichten erreichen können.

Was hilft, dem Mangel an Hydration (Durchfeuchtung) des Fasziengewebes entgegenzuwirken und den „Flüssigkeitsflow“ zu unterstützen?

  • freie gleitende Bewegungen in alle Richtungen
  • variantenreiche fließende große dreidimensionale Bewegungen
  • Microbewegungen
  • Wärme
  • Druck ( Wechsel von Be- und Entlastung, „Ausrollen“ = Auspressen und Einströmen von Flüssigkeit)
  • Pausen (zur Rehydration)
  • Variantenreiche Reize (Wechsel von Richtung, Frequenz, Dauer, Tempo: z.B. Zugreize in viele Richtungen, Druckreize von schmelzend-langsam bis dynamisch federnd)
  • Einbezug des ganzen Körpers: lange Ketten nutzen

Wie trägt Eutonie den Erkenntnissen der Faszien-Forschung Rechnung?

  • Durch eine Fülle von Materialien unterschiedlicher Qualität (Anregung der Propriozeption; Ansprache der verschiedenen Propriozeptoren)
  • Durch verschiedene „Techniken“ (Eutonie-Prinzipien), z.B. Berührung, passiver Druck, Vibration, Knochengleiten, Zeichnen…
  • Durch Bewusstmachen und Unterscheiden der Strukturen (Haut, Faszien, Muskeln, Knochen)
  • Durch Dehnung über lange Muskel- und Faszienketten (z.B. Kontrollposition 11) unter Nutzung der Schwerkraft
  • Durch Anregung zu spontanen freien fließenden ganzkörperlichen Bewegungen, Anleitung von Bewegungsimprovisationen (z. B. durch ganzkörperliche Berührung mit dem Boden, Zeichnen mit konsequenter Bewegung etc.)
  • Durch die Nutzung von Schwerkraft und aufrichtender Kraft, die Ökonomie der Bewegung, den Ausgleich der Spannungen (Tonusregulierung)
  • Durch den Wechsel von Ruhe und Bewegung,
  • durch Pausen zum Nachspüren

copyright: Eutonie-Akademie Bremen, Martina Kreß und Renate Riese

Literaturhinweise:

  • Faszien – Gewebe des Lebens, Das geheimnisvolle Netzwerk des Körpers und seine Bedeutung für unsere Gesundheit, Peter Schwind, Irisiana, 2014  ISBN: 978-3-424-15259-3
  • Lehrbuch Faszien
    Grundlagen-Forschung-Behandlung
    von R.Schleip/T.W.Findley/L.Chaitow/P.A.Huijing (Hrsg.)
    Elsevier/Urban&Fischer Verlag  ISBN978-3-437-55306-6
  • Anatomy Trains Myofaszuale Leitbahnen
    von Thomas W. Myers
    Urban&Fischer Verlag ISBN 978-3-437-56733-9

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